Unterstützung für tibetische Student/innen

Vor 18 Jahren hat unser Verein den Fonds «Studierende in Not» lanciert. So erhalten auch jene Student/innen Hilfe, die nicht von einer Patin oder einem Paten in der Schweiz unterstützt werden.  Tenzin Loden ist einer von ihnen. Dank Tibetfreunde konnte er zwischen 2011 und 2017 studieren. Ein Interview.

Tenzin Loden La, im April 2011 haben Sie Tibetfreunde kontaktiert und gefragt, ob unser Verein Sie bei Ihrem Studium finanziell unterstützen kann. Wie sah Ihre Lebenssituation zu dieser Zeit aus?
Ich habe die Schule 2009 mit 74,2 % in der Klasse XII abgeschlossen, was 0,8 % zu wenig waren, um ein Stipendium vom Department of Education DoE in Dharamsala zu bekommen. Meine Familie hat das Studiengeld bezahlt, aber es reichte nicht aus, um die täglichen Ausgaben zu decken. Hier hat Tibetfreunde eine wichtige Rolle gespielt, um meine finanziellen Schwierigkeiten zu lindern.

Welches Studienfach haben Sie gewählt?
Ursprünglich habe ich mich für Wirtschaftswissenschaften entschieden, aber später habe ich zur Psychologischen Beratung (Counselling Psychology) gewechselt.

In der Zwischenzeit haben Sie Ihr Studium erfolgreich abgeschlossen. Können Sie uns etwas über Ihre heutige Arbeit und Ihren Arbeitsalltag erzählen?
Heute arbeite ich als Schulberater in der Tibetan Homes School Rajpur. Meine Aufgabe ist es, die Schüler/innen in ihrer ganzheitlichen Entwicklung zu unterstützen und ihnen zu helfen, den richtigen Beruf für sich zu finden.

Welche Berufe sind bei jungen Tibeter/innen in Indien beliebt?
Traditionell strebten sie vor allem Berufe als Lehrpersonen, in Regierungsposten bei der Central Tibetan Administration CTA, Jobs im Büro oder bei der Armee an. Aber heutzutage tendieren sie zu Karrieren in verschiedenen boomenden Bereichen in Indien, wie zum Beispiel Jura, Medizin, Journalismus, Ingenieurwesen, Buchhaltung und andere Berufe mit spezialisierten Fähigkeiten.

Wie wichtig ist ein Studium, um auf dem indischen Arbeitsmarkt eine gute Chance zu haben?
Der indische Arbeitsmarkt beruht stark auf Wettbewerb was gute Jobs betrifft. Eine höhere Ausbildung ist deshalb sehr wichtig und notwendig. Aber es gibt auch die Möglichkeit einen Berufskurs oder ein Diplom zu machen, zum Beispiel in den Bereichen Kunst, Musik, Mode, Haar- und Schönheitsindustrie.

Was wäre aus Ihnen geworden, wenn Sie Ihr Studium aus finanziellen Gründen nicht hätten abschliessen können?
Um ehrlich zu sein, hätte meine Familie mich trotz finanzieller Probleme auf jeden Fall dazu gebracht, mein Studium abzuschliessen. Davon bin ich überzeugt. Wenn man Glauben und Vertrauen in sich selbst hat, kann man alles erreichen.

Sie erwähnten, dass es Ihr persönliches Ziel sei, Ihr Wissen für die tibetische Gemeinschaft einzusetzen. Hat sich dieses persönliche Ziel für Sie bereits erfüllt?
Mein Hauptziel ist es, einen Beitrag zur Entwicklung der tibetischen Gemeinschaft zu leisten. Als Tibeter bin ich allen internationalen Organisationen dankbar, dass sie die Tibeter/innen unterstützen und ihnen helfen, aber wir Tibeter/innen müssen selbständig werden und Bildung ist der Schlüssel dazu. Aus diesem Grund arbeite ich seit drei Jahren im Schulsystem. Ich würde nicht sagen, dass ich mein Ziel bereits erreicht habe, aber ich bin auf dem Weg dahin und habe noch eine lange Reise vor mir.